Repression: Kameraüberwachung in der Nordstadt | Staatstrojaner | Bullen in der Rigaer94

In den letzten Monaten und Wochen kann man sich auch als antifaschistischen Gruppe aus Dortmund repressionsbedingt schnell mal eingeengt und vor allem wütend fühlen.
Egal ob aufgrund des vom Bundestag genehmigten Staatstrojaners, des gewaltvollen Eindringens durch die Polizei in das linke Hausprojekt in der Rigaerstraße 94 in Berlin, oder dem neuen Kameracontainer in der Dortmunder Nordstadt.

Der Staatstrojaner ermöglicht zukünftig allen deutschen Geheimdiensten den Zugang zu privaten Smartphones und Computern. Wobei schon der alleinige Verdacht einer Behörde Grund genug sein soll, um diesen gravierenden Eingriff in die Privatsphäre von einzelnen Menschen zu rechtfertigen. Beim Eindringen in die Rigaer 94 schoben Politik und Polizei den Brandschutz als fadenscheinigen Grund vor, obwohl bereits einige Wochen vorher ein offizielles Brandschutzgutachten gefertigt wurde. Die Polizei ging dabei nicht auf das Angebot der Bewohner:innen ein, die Brandschutzprüfer:innen ohne Polizei in das Haus zu lassen, woraufhin sich die Berliner Genoss:innen entschlossen und aussagekräftig gegen die Schikane der Polizei verteidigten.

Als Dortmunder Gruppe sind wir aktuell am direktesten durch das persönliche Vorzeigeprojekt vom Dortmunder Polizeipräsidenten Gregor Lange betroffen. Dieser tritt sämtlichen sozialen Missständen, kriminellen Aktivitäten und allen voran dem – für ihn omnipräsenten – Problem des Sicherheitsgefühls der Bewohner:innen der Nordstadt mit unzähligen Kameras auf der Münsterstraße entgegen. In Herrn Langes quadratisch praktischer Welt – wo von Anfang an geklärt zu sein scheint, wer böse, gut, Anwohner:in, Feind oder ganz einfach unerwünscht ist – lassen sich strukturelle Probleme unserer Gesellschaft mit dem Grundsatz „Mehr Überwachung und Repression, gleich mehr Sicherheit und weniger Kriminalität oder Widerstand“ lösen. Besonders bitter ist an dieser Stelle jedoch, dass die hiesige und oft gelobte Zivilgesellschaft in Dortmund und ganz Deutschland bei solchen Themen einfach darüber hinwegschaut oder sogar ihren Support dafür ausspricht, ohne sich die Nebenwirkungen und allen voran den einfachen Mechanismus der Verdrängung sozialer Schichten näher anzuschauen.

Weit abgeschlagen in diesem Diskurs sind natürlich die lokal agierenden Parteien, die jetzt schon nur noch Wahlergebnisse im Hinterkopf haben und die Nähe zu den Bürger:innen maximal an ihrem Infostand propagieren. Die in Dortmund regierende SPD, allen voran mit ihrem Bürgermeister Herrn Westphal, verhält sich so, als sei Herr Lange ein vor langer Zeit entlaufener Hund, den man schon gar nicht mehr versucht einzufangen, sondern viel mehr darauf setzt seine Taten für die eigene Publicity zu nutzen. Oftmals muss man sich dabei in Erinnerung rufen, wer in Dortmund denn eigentlich Führungsperson der ausübenden Staatsgewalt ist und wer stadtpolitisch eigentlich den roten Faden im Umgang mit sozialen Themen vorgeben sollte. Sonst kann man schnell den Eindruck gewinnen, als wäre Herr Lange viel mehr wissenschaftlicher Experte für gesellschaftliche Diskurse, Orientierungspunkt für den Stadtrat und würde ein eigenes Wahlprogramm verfolgen. Das es sich dabei dann doch nur um einen Bullen im Anzug handelt, gerät oftmals in den Hintergrund.

Die Krone setzt derzeit jedoch die kurzerhand und auf der dazugehörigen Pressekonferenz auf der Münsterstraße verkündete Erweiterung der Kameraüberwachung auf. So wurde in ein paar Tagen auf dem Mehmet-Kubaşık-Platz, nicht weit von der Ladeninitiative Nordpol und mitten im Herzen der Nordstadt, ein bedrohlich wirkender Überwachungscontainer errichtet. Dass es sich hierbei jedoch einfach um einen Platz handelt, wo verschiedenste Menschen sich jeden Tag aufs Neue begegnen, gerät dabei in den Hintergrund. Besonders widerlich an der Aktion ist der zynisch wirkende Unterton einen Platz polizeilich für diese Überwachung zu missbrauchen, der den Namen eines NSU Opfers trägt, welches zuerst durch die Polizei nicht ernst genommen wurde und später sogar versucht wurde zu kriminalisieren. So baute die Polizei bereits kurze Zeit nach der Benennung des Platzes in so gut wie jede Polizeimeldung zu sich in der näheren Umgebung ereigneten Vorfällen eine namentliche Nennung des Platzes ein, um sich so schon früh ein Konstrukt zur Rechtfertigung zu basteln. Diese Kampagne auf dem Rücken eines Opfers rechten Terrors auszutragen, welches man nach der Tat selbst noch versuchte in den Bezug zu Drogenkriminalität zu stellen, ist dabei auf’s Schärfste zu verurteilen. Dass der Container auch noch so gestellt ist, dass er auf dem großen Platz räumlich nah an dem Namensschild steht, sodass dieses nicht mehr von allen Seiten aus sichtbar ist, rundet dabei die Geschmacklosigkeit der Dortmunder Behörde ab.

Aber keine Sorge, dieser Container soll nur übergangsweise und als Test fungieren. Früher oder später wird er schon wieder abgebaut – zumindest behauptet das die Polizei. Vermutlich verschwindet der Container und fest installierte Kameras werden den Platz schmücken, ohne Fläche für Menschen wegzunehmen, die dann sowieso keine Lust mehr haben sich auf dem Silbertablett der Polizei Dortmund zu präsentieren. Wen es an dieser Stelle interessiert, wann welche Kameras laufen, muss übrigens nur auswendig lernen, welches von den verschiedenen Modellen eine Klappe hat, Grün leuchtet, wenn sie aus ist, oder Grün leuchtet wenn sie an ist. Aber auch da hält die Behörde sich nicht an die vorgegeben Zeiten, sondern lässt die Kameras scheinbar einfach weiterlaufen.

Dass bei dem ganzen Hochrüsten soziale und politische Projekte und Initiativen verdrängt werden, sich stetiger Überwachung aussetzen müssen, mit struktureller Gewalt zu kämpfen haben oder sogar kriminalisiert werden, ist dabei erst einmal zweitrangig. Im Zweifel gibt man das Ehrenwort, dass weder zu Betriebszeiten aufgenommen wird und schon gar nicht die Räumlichkeiten oder Nutzflächen der Läden überwacht werden sollen. Falls man sich dieser Überwachung aber dennoch nicht aussetzen möchte, kann man sich ja überlegen ob man an die Stadtgrenzen zieht, wo aktuell die kapitalistischen Interessen und Aufwertungsgedanken noch nicht eine so große Rolle spielen, wie beispielsweise in der Nordstadt oder Dortmund Hörde. Anstatt also mit Betroffenen konstruktive Lösungen zu suchen, sucht die Polizei aktuell lieber nach zwei neuen IT Spezialist:innen um sich digital besser aufzustellen. Sozial geschulte und in Kommunikation bewanderte Beamt:innen sind der Behörde an dieser Stelle nicht in den Sinn gekommen.

Politischer Aktivismus darf durch solche Nachrichten jedoch nicht aufhören. Vielmehr geht es darum seine Aktionsräume zu erweitern, sich auch in linken Strukturen neu einzustellen, neue Sicherheitsstandards zu erarbeiten, andere Wege zu finden und unbequem zu bleiben! In diesem Sinne; lassen wir uns nicht unterkriegen, bilden wir weiter Banden, führen wir gemeinsam soziale Kämpfe und schlagen wir zurück! Egal, ob in der Rigaer oder in Dortmund: Entschlossen gegen Nazis, Bullen oder andere Rechte! Für eine solidarische Nordstadt ohne Generalverdacht und Racial Profiling!