Verdrängung im öffentlichen Raum: Dortmunds Plan für eine „saubere“ Innenstadt

Kürzlich veröffentlichte die Initiative “Schlafen statt Strafen”, wie die Stadt Dortmund armen und obdachlosen Menschen Bußgelder für “verbotswidriges Betteln” aufdrückt, um das Image der “sauberen Stadt” weiter durchzudrücken. Seit Jahren fahren Ordnungsamt und Polizei in Dortmund Repressionen gegen obdachlose und arme Menschen in der Innenstadt auf.
Auch hier spielen “Raum” und Raumkampf eine Rolle. City-Einzelhändler:innen hatten schon in der Pandemie keine Skrupel, Wohnungslose und Suchtkranke für ihre bloße Anwesenheit zu diffamieren und sie für die Misere der Einkaufsmeile mitverantwortlich zu machen. Mit der Crackschwemme ist ein Hebel dazugekommen, der den Behörden jetzt ermöglicht, die Dortmunder Innenstadt als besonders gefährdet darzustellen. Mit dem Vorwand, ja “nur” die Bekämpfung von Crackkonsum und (Drogen-)Kriminalität im Auge zu haben, legitimieren sie mit einem “Sonderstab” ihren aggressiven klassistischen Kurs gegen die Ärmsten und Wehrlosesten.
Tagein tagaus dreht das Ordnungsamt seine Runden, egal, ob Menschen zum Schutz zu später Stunde ihr Nachtlager beziehen und dadurch besonders angreifbar sind oder sie tagsüber um ein paar Euro betteln.
Warum das Vorgehen ein Skandal ist, wer davon eigentlich profitiert und welche Motive dahinterstecken, lässt sich jedoch nicht einfach unter den Tisch kehren.

Die Lage der Menschen auf der Straße, die sich insbesondere in der Innenstadt aufhalten und dort überleben müssen, verschlimmert es massiv. Wenn schon bereits das bloße Fragen nach Kleingeld rechtswidrig ist und als “aggressives Betteln” gewertet wird, führt diese Schikane für sie zu noch mehr Problemen. Denn: Jedes “verbotswidrige Betteln” wird mit einem Bußgeld von 100 Euro geahndet. Wer ohnehin kein Geld hat, kann das nicht zahlen. Das zeigt den perfiden Plan: Menschen zu kriminalisieren, und ihnen ihren Platz zuzuweisen, in der Stadt und der Gesellschaft. Du kannst ja arm sein, aber eben nicht hier. Dass die Verdrängten auch für Hilfsorganisationen viel schwerer zu erreichen sind, wird dabei gern verschwiegen.
Dabei wird nicht nur in Kauf genommen, dass Menschen dadurch noch weiter in Armut abrutschen. Kann eine Person den Bußgeldbescheid nicht bezahlen, droht im schlimmsten Fall Knast. Knast für den Versuch, das eigene Überleben zu sichern. Knast für Armut. Von Kriminalität kann hier keine Rede sein. Hier werden mutwillig Lebensgrundlagen zerstört für ein störungsfreies Shoppingerlebnis. Lösungen, damit Menschen gar nicht mehr auf der Straße sein müssen, gibt es nebenbei bemerkt nicht.

Dass auf die Lebensrealitäten von Menschen in prekären Lebenssituationen keine Rücksicht genommen wird, zeigt sich auch am Rückgang behördlicher Mittel für die Suchthilfe. So soll der Konsumraum “Kick” der Aidshilfe Dortmund aus der Innenstadt verdrängt und durch zwei “dezentrale” Standorte ersetzt werden. Dabei scheint egal zu sein, dass er gut in der Szene angenommen wird und ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt in der städtischen Suchthilfe, für Prävention und Intervention ist. Oberbürgermeister Westphal leistet sich den nächsten Faux Pas und möchte lieber eine “saubere” Innenstadt, anstatt auf den Rat von Fachleuten zu hören, die vehement betonen, dass die zentrale Lage essenziell dafür ist, dass das Konzept funktioniert. Auch das wird noch mehr Verdrängung, noch mehr Repression und noch mehr Leid zum Preis von kapitalistischen Eigeninteressen bedeuten.

Im Februar 2023 postete die Stadt Dortmund auf ihrer Website einen Text mit der Überschrift “Stadt lässt Obdach- oder Wohnungslose nicht allein und bietet ein breites Unterstützungsangebot”. Das ist nicht nur eigenes Schönreden, sondern eine gefährliche Lüge und lenkt vom ekelhaften Vorgang des Ordnungsamtes ab. Auch die selbstveröffentlichte Schätzung der Anzahl wohnungsloser Menschen lässt Zweifel offen. So geht die Stadt 2023 von 500 bis 600 obdachlosen Menschen in Dortmund aus. Dass man den Einschätzungen der Stadt nicht trauen kann, wurde des Öfteren bewiesen. Die Dunkelziffer dürfte vielfach höher sein, aber die Stadt in ein schlechteres Licht rücken. Also will man es vielleicht auch gar nicht zu genau wissen.
Dabei, die Betroffenen zu bekämpfen statt das Problem, arbeiten Stadtverwaltung und Polizei Hand in Hand. Während sich Hilfsorganisationen und Privatmenschen wirklich um wirksame Hilfe für Menschen in schwierigen Lebenslagen kümmern, kommen seitens der Behörden und lokalen Politiker:innen nur Lippenbekenntnisse, während die eigenen Repressionsbehörden direkt hinterm Rathaus Hilfsbedürftige aus dem Stadtgarten jagen oder mit Bußgeldern überschütten.

Es braucht zentrumsnahe Hilfsangebote und keinen Verdrängungsmechanismus. Die Problematiken müssen im Kern durch staatliche Unterstützung bekämpft und proaktiv aufgefangen werden, statt offensichtliche Probleme einfach nur weniger sichtbar zu machen. Diese höchst aggressive, klassistische Repressionsschiene gegen die Ärmsten muss aus antifaschistischer Sicht vehement kritisiert werden. Lange, Westphal, der Ordnungsdezernent und alle Unterstützer:innen sollten sich schämen und sie beenden. Es klebt Blut und Elend an euren Schuhen, egal wie oft ihr versucht, das Image der Stadt zu polieren!