Polizei Dortmund: kein Freund und Helfer | In Gedenken an Mouhamed D.

Heute melden wir uns, die Mean Streets Antifa Dortmund, nach über drei ereignisreichen Tagen mit einem kleinen Impuls zu den aktuellen Geschehnissen in Dortmund zu Wort:

Vor drei Tagen, am 08. August um ca. 17 Uhr veränderte sich nach einem Polizeieinsatz mal wieder die Dynamik Rund um das Thema Polizeigewalt, Einsätze in der Nordstadt und das Problem des Rassismus bei der Polizei. Diesmal war es jedoch anders und erschütterte Menschen über die Stadtgrenzen hinweg. Wie so oft befürchtet und von vielen verschiedenen Initiativen schon oft thematisiert, starb diesmal ein 16-jähriger Junge durch die Waffe eines Beamten.
Es war Mouhamed D. ein junger Geflüchteter, der in Deutschland Sicherheit und eine bessere Perspektive suchte. Diese nahm ihm die Polizei Dortmund mit ihrer, für uns nicht nachvollziehbaren Art und Weise, mit psychisch belasteten Menschen umzugehen in voller Gänze…


So sind die letzten Tage ein Spiegelbild, wie inkompetent die Polizei immer wieder in ihrem Handeln und im Umgang mit Menschen ist. So sind allein in Dortmund zwei Kundgebungen/ Demonstrationen mit jeweils ca. 500 Teilnehmer:innen, unfassbare Wut, Trauer, Verzweiflung und klar geäußerte Forderungen an die Politik und den Repressionsapparat Polizei die Reaktion auf alleine vier tote Menschen in einer Woche in Deutschland, die durch eine polizeiliche Dienstwaffe starben. Die Menschen auf der Straße, in der Stadt Dortmund und vor allem im Viertel rund um den Tatort haben genug! Aus diesem Grund und mit der Forderung der lückenlosen Aufklärung und dem Durchsetzen von Konsequenzen endeten beide Veranstaltungen an Polizeiwachen. Dienstag an der Wache Nord und gestern direkt beim Polizeipräsidenten Gregor Lange vor der Tür, dem Polizeipräsidium Dortmund.

Die Polizei hat bekannter Weise ein Rassismusproblem oder, wie es eine Person am Dienstag auf der Kundgebung formulierte, ist ein Rassismusproblem. Dieser Fakt allein erschüttert die Menschen und vor allem People of Color, die tagtäglich mit rassistischer Kackscheiße konfrontiert sind, längst nicht mehr. Viel mehr und gerade im Fall Mouhamed D. ist es der Sachverhalt, dass sie immer wieder beweisen, wie unfähig der ganze ausübende Repressionsarm der Politik und allen voran die Beamt:innen auf den Straßen sind, dass sie Jahrzehnte lang und nach diversen Situationen von polizeilichem Fehlverhalten mit Todesfolge nicht in der Lage sind deeskalierend Situationen lösen.
Auch wenn die Polizei in Deutschland und allen voran die Polizei Dortmund immer wieder ihren deeskalierenden Umgang und die tiefgreifenden Schulungen und Ausbildungen als Außenwerbung nutzen, erkennt man jedoch schnell, dass dies nur in der Öffentlichkeit praktiziert wird.
Die bittere Wahrheit und das Resultat des Einsatzes am 08. August ist nämlich, das über 10 Polizist:innen an dem Tod eines 16-jährigen Schuld sind und diesen trotz Pfefferspray und Taser erschossen haben.
Wieso wird ein Jugendlicher der Hilfe benötigt und sich in einer Ausnahmesituation befindet mit Schüssen in die Schulter, Unterarm, Kiefer und Bauch so hingerichtet? Und warum haben die jungen Polizist:innen der Dortmunder Polizei dies als einzige Lösung für die Situation gesehen?
Die Dortmunder Polizist:innen aus der Nordstadt zeigen sich wie vergangene Taten belegen meist nur kommunikativ, wenn es um eigens ausgesprochene Drohungen geht. Bei der gestrigen Kundgebung am 09. August erzählten mehrere Personen von ihren persönlichen Erfahrungen mit der Dortmunder Polizei. So eine schwarze Person: ,,Draußen wirst du kaputtgeschlagen, im Auto wirst du kaputtgeschlagen, in der Zelle wirst du kaputtgeschlagen. Im Auto wirst du mit dem Gurt geschlagen und angekettet wie ein Hund. Aber selbst ein Hund wird besser behandelt“. Dies war nur eins von vielen Beispielen auf der gestrigen Kundgebung. Wie man auch immer wieder raushörte, haben migrantisch gelesene Kinder vermehrt Sorge vor willkürlicher Polizeigewalt. So war sehr schnell der Konsens wahrzunehmen, dass eine Polizei mit mehr Ausrüstung nicht mehr Sicherheit, sondern mehr Gewalt und Tod bedeutet.
Wir fragen uns, wie viele Nazichats noch auffliegen oder wie viele Menschen noch ihr Leben lassen müssen, bis nicht mehr von Einzelfällen geredet wird. Wie oft noch die „Bodycams“ der einzelnen Polizist:innen immer dann ausgeschaltet sind, wenn ein Fehlverhalten der eigenen Leute im Raum steht. Und wann endlich begriffen wird, dass eine Polizei mit mehr Ausrüstung, in vermeintlich deeskalativen Situationen, eher eine besonders große Gefahr als Sicherheit darstellt.
Von daher zeigt der Fall von Mouhamed D. leider wieder nur einmal, dass in Gefahrensituation die Polizei zu rufen bedeutet, sich und andere Menschen in Gefahr zu bringen und der Mythos von Freund und Helfer schon lange überholt ist. Die Frage ist stattdessen, wen wir in Zukunft anrufen sollen, wenn wir im Alltag oder im Beruf nicht mehr weiterwissen und an unsere Grenzen kommen– die Polizei ist es nicht.
Damit sich diesbezüglich was ändert, muss es eine unabhängige Stellen zu präventiven Maßnahmen geben, damit nicht ungeschulte und schwer bewaffnete Polizist:innen auf Menschen in psychischen Ausnahmesituationen losgelassen werden!
Wir fordern unabhängige Institutionen in Form von Untersuchungs-/ Beschwerdestellen für Fälle der Polizeigewalt. Es kann nicht sein, dass die Polizei sich selbst oder gegenseitig kontrolliert und somit Kolleg:innen absichert und eine lückenlose Aufklärung verhindert!
Das Geld für Ausrüstung wie Taser und teure Drohnen sollte lieber als Ressource für Gesundheit, Bildung und Teilhabe umverteilt werden, um wirkliche soziale Sicherheit zu ermöglichen.

Von daher ist der Fakt, dass nun die Polizei Recklinghausen aus Neutralitätsgründen im Fall von Mouhamed D. ermittelt – die Polizei Dortmund aber im Fall des einen Tag zuvor durch die Polizei Recklinghausen getöteten Menschen zuständig ist, reiner Hohn und der Beweis für ein Konsequenz freies, von Willkür und Rassismus zerfressenes Polizeisystem.

Die Liste der ,,Einzelfälle“ ist schon lange zu groß, lasst uns ein Schlussstrich ziehen!
Wir fordern daher eine offene gesellschaftliche Diskussion über Alternativen zur Polizei und fachkundige Institutionen die in Notsituationen unterstützend agieren können, um wahllose Polizeigewalt zu verhindern.

Gegen Machtmissbrauch und Repression!
Für soziale Hilfe für alle!