1. Mai 2021 – Ein Resümee

Am 1. Mai versammelten sich ca. 80 Nazis auf dem Dorstfelder Wilhelmplatz, um eine Kundgebung vor ihrer Anreise zur Demonstration in Essen abzuhalten. Dagegen stellten sich über 120 Antifaschist:innen auf der Antifa-Kundgebung am Mahnmal der alten Synagoge und der Kundgebung des Aktionskreis gegen Rechts auf dem Wilhelmplatz, direkt gegenüber der Nazis.


Während die Faschist:innen aus ihren in der Emscher- und Thusneldastraße liegenden Wohnungen bereits als Demonstrationsaufzug samt Fahnen und Aufstellung laufen durften, schikanierte die anwesende Polizei die antifaschistische Kundgebung. Diese durfte sich bis zum Ende nicht auf ihrer eigentlich angemeldeten und genehmigten Kundgebungsfläche einfinden. Auch wurden Personen, die an der Veranstaltung des Aktionskreises teilnehmen wollten, zuerst nicht zu dieser Veranstaltung durchgelassen. Die Begründung, dass der Wilhelmplatz vermeintlich nicht genügend Platz geboten hätte, schien anhand des nicht einmal zur Hälfte gefüllten Platzes nicht besonders glaubwürdig. Im Laufe der Veranstaltung häuften sich die abstrusen Auflagen der Polizei; so sollten die Boxen vom angemeldeten Ort weggedreht werden, weil Polizist:innen sich belästigt fühlten und man wohl mit der Ausrichtung der Anlage die Nazikundgebung aktiv stören würde. Ebenfalls wurden angebliche Vermummungen mit Sonnenbrillen, Mützen und vorgeschriebenen Masken durch die Polizei beklagt. Auf der Kundgebung der Rechten störte die Polizei jedoch nicht, obwohl einzelne Nazis, wie der erst kürzlich aus der Haft entlassende Alexander W., immer wieder die Presse bei der Arbeit behinderte oder dass die beiden Redner Thorsten Heise und Sven Skoda in ihren Beiträgen sowohl einzelne Presse Vertreter:innen, als auch gezielt einzelne Antifas beleidigten und bedrohten. Nach den zwei relativ kurzen Reden und einzelnen Liedbeiträgen – bei denen sich die Kameraden selbst erinnern mussten ihre Fahnen zu schwingen – verließen die Nazis den Wilhemplatz in Richtung S-Bahn nach Essen. Dabei war der Polizei anscheinend eine der Pandemie angemessene Abreise von Rechts herzlich egal und man ließ alle Faschist:innen gemeinsam und viele ohne Maske ihren Weg nach Essen bestreiten.

Nach Beendigung der Kundgebungen nutzten einige Antifaschist:innen das gute Wetter, um den Rückweg zu Fuß in Richtung Innenstadt anzutreten. Dieser Weg führte für manch Antifa dabei durch die vom harten Kern der lokalen Naziszene bewohnte Emscherstraße. Die sichtlich überraschten und scheinbar als Objektschutz fungierenden Nazis aus Lütgendortmund, Martin P. und Timo E. (wir erwähnten das Familienkonstrukt bereits in unserem letzten Post zu Lüdo), bewaffneten sich in darauffolgenden Situation mit Hämmern, Kanthölzern, die zum Teil mit Nägeln bestückt waren, Pfeffer, Kameras und Feuerlöschern. Zu der am Haus zurückgebliebenen Faschist:innen garde gehörten zudem der Althooligan Peter G. und Annette K., die übrigens lehrbuchhaft die Rolle einer Scouterin erfüllte und bis zum Eintreffen der Antifaschist:innen die Lage auf der Ecke Thusneldastraße/ Emscherstraße sondierte.

Nachdem in den letzten Monaten immer wieder im Stadtteil interveniert, plakatiert und rechte Propaganda entfernt wurde, zeigt dieser 1. Mai deutlich, dass auch schäbig mit schwarz-weiß-roten Fahnen behangene Häuser nicht darüber hinwegtäuschen, dass Dorstfeld eben keine No-Go Area für Linke ist, sondern ein bunter und migrantisch geprägter Stadtteil, in dem auch in Zukunft klare Kante gegen rechte Umtriebe und Bestrebungen gezeigt wird!
Dabei ist aus unserer Sicht jedoch wichtig zu erwähnen, dass die Neonaziszene in Dortmund definitiv personell abgebaut hat und mit Sicherheit viele interne Konflikte auszutragen hat. Die Zeiten wo die Dortmunder Naziszene eine klare Monopolstellung im Westen Deutschlands genossen haben und auch ohne eine offizielle Kooperation mit der NPD, mehrere 100 Faschist:innen mobilisieren konnten, sind definitiv vorbei. Trotzdem darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Neonazis um die Partei Die Rechte, gerade so aggressiv und provokant wie lange nicht mehr auftreten. Ihr in den letzten Jahren propagierter Trend von Straßenhauern und vorbestraften Gewaltäter:innen zu vermeintlich seriösen Parteimitgliedern in Stadträten, scheint sich wieder zu drehen und man greift auf alte Handlungsmuster zurück. Plumpe und gerade so im rechtlich abgedeckten Rahmen ausgesprochene Bedrohungen und Beleidigungen nehmen zu. Sie fokussieren sich, spätestens seit den jüngsten Ereignissen im Osten Deutschlands, wieder mehr auf den aus ihrer Sicht politischen Feind; die Antifa. Sie rücken im Kampf gegen Links einheitlich zusammen und bilden Allianzen zwischen Parteien, Kameradschaften und Kontakten bis weit in die rechtsterroristische Bewegung hinein.
Wie so oft in anderen Zusammenhängen erlebt, präsentiert sich die Naziszene in Deutschland und allen voran die Dortmunder Bezüge gerade vorbildlich als angeschlagene und an Substanz verlierende Bewegung, wo genau so wenig von Gewalt und Zerstörung geprägte Aktionen verwundern würden.
Daher müssen wir weiterhin geschlossen und bestimmt den Nazis entgegentreten und sollten nicht locker lassen. Wir dürfen nicht den Fehler machen und die Naziszene in Dortmund als nichtig erklären oder den Kampf als abgeschlossen und gewonnen betrachten. Wir müssen ihnen weiterhin und gerade auch in Dorstfeld zusetzen und ihnen keinen Meter zugestehen!
Die nächste Gelegenheit dafür bietet sich bereits am Tag der Befreiung, dem kommenden Samstag (08.05.); unter dem Motto “Alle nach Dorstfeld! Kampf dem Faschismus – damals, wie heute!” findet um 14:30 Uhr eine antifaschistische Kundgebung auf dem Wilhelmplatz statt.

Für uns ging der 1. Mai 2021 dann mit der am Westpark gestarteten Anarchistischen 1. Mai Demo zu Ende. Gemeinsam mit 750 Menschen zogen wir über die Rheinische Straße, am Hauptbahnhof vorbei, durch die Dortmunder Nordstadt bis hin zum Hafen und demonstrierten klassenkämpferisch und feministisch – trotz und gerade wegen Corona.