8. Mai 2021 – Ein Resümee

Am 8. Mai veranstalteten wir zusammen mit einigen Antifaschist:innen eine Kundgebung auf dem Dorstfelder Wilhelmplatz. Vom Hauptbahnhof ging es mit mehr als 200 Antifas, pandemiebedingt aufgeteilt auf zwei S-Bahnen, Richtung Dorstfeld.


Bereits bei der Ankunft an der S-Bahn Haltestelle stresste die Polizei die Anreise, fuhr eine Kamera aus und versuchte zu verhindern, dass die Anreise auf dem Weg zum Wilhelmplatz genug Platz hatte, um Corona konforme Abstände einhalten zu können. Am Wilhelmplatz angekommen bot sich ein ungewohntes Bild: Die Polizei hatte Hamburger Gitter aufgestellt. Eine Maßnahme, die eine Woche vorher für die martialisch auftretenden Faschist:innen natürlich nicht für nötig erachtet wurde. Kurze Zeit später kam eine weitere Anreise aus Bochum mit ca. 80 Personen und zeigte bereits durch eine erweiterte Route um die S-Bahnhaltestelle noch einmal deutlich, dass Dorstfeld vieles ist, aber kein Nazikiez. Als die Genoss:innen den Kundgebungsort unter Beifall der restlichen Teilnehmer:innen erreichten, ließ die Polizei die Situation eskalieren; die sichtbar überforderten Beamt:innen ließen die Anreise nicht auf den angemeldeten Platz, schlugen unvermittelt mit Schlagstöcken auf Kundgebungsteilnehmer:innen ein und nahmen eine Person in Gewahrsam. Erst ca. 20 Minuten später, ließ sich die Polizei darauf ein ihre Platzbegrenzung auf den Dorstfelder Hellweg zu verschieben und uns die Wittener Straße als erweiterte Kundgebungsfläche zu überlassen.

Neben kämpferischer Musik und einem Infotisch vom Buch- und Kulturladen Black Pigeon, wurde die Kundgebung inhaltlich durch Redebeiträge von verschiedenen Gruppen gefüllt. Es hielten nach unserem Redebeitrag, der sich mit dem Thema “Dorstfeld – ein Nazikiez?” beschäftigte und die Veränderung im Stadtteil rund um die Naziszene in Dortmund beleuchtete, die Plattform Ruhr, das Black Pigeon, das Feministische Kollektiv Dortmund, Fridays For Future Dortmund und die Autonome Antifa 170 Redebeiträge.
Unseren Redebeitrag könnt ihr auf unserem Blog im Menü unter dem Reiter Veröffentlichungen —> Redebeiträge nachlesen.

Auch im Laufe der Kundgebung zeigte sich die Polizei aggressiv und eskalierend: Sie griff erneut die Kundgebung an, um eine weitere Person festzunehmen. Dabei schlug sie erneut rücksichtslos auf Personen ein und versprühte Pfefferspray, sodass zehn Teilnehmer:innen behandelt werden mussten. Der Einsatz des Pfeffersprays ist gerade in Zeiten der Pandemie höchst bedenklich; die Betroffenen mussten ihre Masken, die unbrauchbar wurden und ersetzt werden mussten, für die Zeit der Behandlung komplett entfernen. Kurz nach der zweiten Festnahme wurde es erneut hektisch, als die Polizei einen einzelnen Faschisten in die Demonstration schickte und nach erwartbarer Reaktion auf Antifas losging.
Zudem griffen die leitenden Polizeibeamt:innen wieder einmal tief in die Trickkiste und begründeten z.B. das dauerhafte Filmen der Kundgebung mit, an den Haaren herbeigezogenen, zu dokumentierenden Phasen nach begangenen Straftaten.

Wir ließen uns von den provokanten Spielchen, jedoch nicht sonderlich beeindrucken und zogen weiterhin unsere angemeldete Kundgebung durch. Auch wenn die Polizei und die Neonazis mit Sicherheit gerne gesehen hätte, wie die Kundgebung sich komplett in Eskalation auflöst oder wir frühzeitig einpacken, taten wir ihnen diesen Gefallen nicht. Für uns ist klar, dass der Tag der Befreiung, ein Kampftag ist und den Antifaschist:innen gehört! Für uns war zudem von Anfang an klar, dass wir diesen Tag in Dorstfeld verbringen werden, um gemeinsam der Zivilbevölkerung zu zeigen, dass Dorstfeld nach wie vor ein Problem hat, sie jedoch in keinem Nazikiez wohnen und die Dorstfelder Zukunft gerade so antifaschistisch, wie schon sehr lange nicht mehr aussieht. An Tagen, wo früher noch von rechts Böller geflogen sind, ein Michael Brück mit einer Reichskriegsflagge aus dem Gebüsch gehüpft ist und man im Schnitt ca. 60 Dortmunder Neonazis gegenüberstand, war die Gefahrenlage vor Ort definitiv eine andere.

Auch die restlichen Dortmunder Nazis fühlten sich scheinbar durch das erneute starke Auftreten von Links in Dorstfeld genötigt zu handeln. So reiste eine Gruppe aus ca. acht Faschist:innen mit ihren Autos in die Nordstadt, parkte dort bei einem Discounter an der Lortzingstraße und ging zu Fuß in Richtung des Kulturzentrums Langer August. Dort versuchten sie einzelne angetroffene Personen einzuschüchtern. Im weiteren Verlauf besuchten sie noch ein Wohnhaus eines Antifaschisten, bis die recht schnelle Tour kurz vor dem Nordpol, auf der Mallinckrodtstraße Ecke Münsterstraße, durch die Polizei gestoppt wurde. Auch wenn das daraufhin veröffentlichte Video, mit übrigens offiziellem Logo der Partei Die Rechte, eher konzeptlos wirkt, bleibt dieser Ausflug in das alternativ und migrantisch geprägte Viertel ein ganz klarer Versuch politische Gegner:innen einzuschüchtern und zu bedrohen. Die zum Teil extra dafür angereisten Kader der Rechten machten dabei deutlich, dass nicht auszuschließen ist, dass es zu Übergriffen auf vermeintliche Linke oder Migrant:innen hätte kommen können. Für uns ist an dieser Stelle klar, dass die letzten Wochen anscheinend deutliche Spuren bei den Neonazis hinterlassen haben und diese Aktion als Retourkutsche für den Besuch in der Thusneldastraße am 1. Mai gedacht war.
Als Reaktion auf dieses Schaulaufen entschieden wir uns daher dazu, als geschlossene Demonstration in das Viertel zurückzukehren. Diese verlief bis auf einzelne Nazipöbeleien der mittlerweile zurückgekehrten Nazis und kleinere Nervenverlusten bei einzelnen Beamt:innen jedoch ruhig und zeigte lautstark und kräftig, dass wir uns von den strauchelnden Nazis nicht einschüchtern lassen.
Unterm Strich bleibt somit ein sehr erfolgreicher, an manchen Stellen etwas nachdenklich stimmender und im Endeffekt deutlich öffentlichkeitswirksamerer und längerer Tag mit mehr Teilnehmer:innen als gedacht, stehen.
Falls ihr am 8. Mai in Dorstfeld auf der Demonstration, auf der Abreise, in der Nordtstadt oder generell im Zusammenhang mit Neonazis, polizeiliche Repression oder rechte Gewalt/Bedrohungen erlebt habt, meldet euch gerne bei uns. Wir schauen dann gemeinsam, wie wir damit einen solidarischen Umgang entwickeln und nötige Schritte in die Wege leiten.

Vielen Dank dafür!
Die Rechten zu Boden!

 

Bildquelle Fotos: life eliyahu