Gestern ist die Berufungsverhandlung gegen den Neonazi Steven Feldmann zu Ende gegangen. Der lokale Neonazi wurde, nachdem sowohl die Staatsanwaltschaft als auch er selbst nach der Verurteilung am Amtsgericht in erster Instanz in Berufung gegangen war, nun vor dem Landgericht zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.Gründe dafür sind eine Reihe von Straftaten, vor allem Körperverletzungen und Bedrohungen. Der seit dem 29. November 2018 in Haft sitzende Feldmann wird daher noch ein paar weitere Monate absitzen müssen. Grundlage dafür war das im Mai 2019 gesprochene Urteil des Amtsgericht Dortmunds, welches Feldmann zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilte. Zuvor und bis zum Haftantritt musste der mehrfach verurteilte Rechte zudem in Untersuchungshaft bleiben, da die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht auf Grund von weiteren zu verhandelnden Verfahren eine Flucht- und Wiederholungsgefahr sahen. Nach Einschätzung der Polizei Dortmund und der Staatsanwaltschaft soll damals der Neonazi in Dorstfeld und Marten ein „Klima der Angst“ verbreitet haben. Aktuell gestaltet er daher seinen Alltag in der JVA Werl und fügt sich somit in eine Reihe bekannter, zum Teil wieder entlassener, Dortmunder Neonazis wie beispielsweise Sven Kahlin oder Matthias Drewer ein.
Aus unserer Sicht ist das heute etwas verschärfte Urteil insofern zu begrüßen, da es dem gewalttätigen Neonazi weitere Monate in Haft beschert und er somit weiterhin keinen direkten Einfluss auf das alltagspolitische Geschehen rund um die Naziszene in Dortmund nehmen kann. Durch strategische Politik hat er sich ohnehin nie hervorgetan, aber seit seiner Inhaftierung sind weit weniger rechte Gewalttaten in Dortmund zu beobachten. Für Feldmanns Betroffene ist die verlängerte Haftstrafe also ein Grund zum Aufatmen. Eine besonders aussagekräftige Signalwirkung erzielte die Justiz für uns damit jedoch nicht, da das Urteil kein wirklich hartes ist. Natürlich muss man hierbei noch berücksichtigen, dass Steven Feldmann zusätzlich noch zwei weitere Bewährungsstrafen absitzen muss.
Anders als noch in der Verhandlung 2019, vor dem Amtsgericht, musste Steven F. den geringen Support seiner Kameraden und der lokalen Naziszene wahrnehmen. Diese erschien in den aktuellen Verhandlungstagen nämlich nur sehr spärlich. Zuvor gab es keine nennenswerte öffentliche Mobilisierung über Social Media und eine Demonstration oder Kundgebung wurde auch nicht durchgeführt. Als kleine aufbauende Geste muss Steven daher wohl auf die obligatorischen „Freiheit für Steven“ Bekundungen in diversen Social Media Bios oder unter einigen Artikeln der letzten Jahre zurückgreifen. Abzuwarten bleibt, ob seine Kameraden dem heutigen Aufruf folgen und ihm wie in ihrem Telegram-Channel gefordert „nette Zeilen“ zu Weihnachten und dem Jahreswechsel schreiben. Ansonsten wird es sicherlich etwas trostlos in der ca. 40 km entfernten Justizvollzugsanstalt.
Wer jedoch glaubt, dass diese Verschärfung des Urteils eine nachhaltige Wirkung auf die Dortmunder Naziszene oder Steven mit sich bringen wird, den müssen wir aus unseren Erfahrungen und Beobachtungen heraus enttäuschen. Wie schon im Mai 2019 geschrieben gehen wir davon aus, dass solche Prozesse keine langfristige Wirkung auf die rechte Szene haben und Verurteilungen und Haftstrafen kein „Heilmittel“ gegen rechte Gewalt und Aktionismus sind. Abgesehen davon, dass wir weiterhin davon ausgehen, dass Steven Feldmann trotz der diesmal schlechten Resonanz aus den eigenen Reihen seiner Szene nach seiner Entlassung weiterhin aktiv sein wird und er sich vermutlich nicht von weiteren Gewalttaten abbringen lässt, ist für uns auch immer die Veränderung der lokalen rechten Szene zu berücksichtigen. Natürlich gibt es Phasen, in denen viele bekannte und einflussreiche Neonazis in Haft sind und die Struktur Probleme hat dies aufzufangen, auf der anderen Seite sehen wir auch immer wieder, wie schnell sie sich verändern können und ggf. neue Personen die Lücken innerhalb der Aktionsfelder füllen. Feldmann wäre nicht der erste Nazi, der nach einer Haftstrafe wie ein Märtyrer zurück in seine alten Kreise kommt und den die Verurteilung bezüglich Anerkennung in der rechten Szene eher noch aufbauen könnte.
Von daher gilt es trotz der aktuell nicht von der Hand zu weisenden schwierigen Lage der Neonazis weiterhin aufmerksam und aktiv zu sein. Ein Kampf gegen Rechts heißt auch immer linksradikale Präventionsarbeit und oftmals einen Schritt voraus zu sein!
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