Die Nordwache Dortmund: Neu ist immer besser? Nicht wirklich!

Vor kurzem wurde bekannt, dass die umstrittene Polizeiwache Nord, bisher ansässig in der Münsterstraße 17-19, umziehen wird. Dies könnte als letzter kläglicher Versuch einer Imageaufwertung gedeutet werden, nachdem Begegnungsfeste und “Talk with a Cop”-Formate im Stadtviertel eher schlecht ankamen. Vielleicht wird durch den Einzug in den polierten Neubau gegen Ende 2026 gehofft, mit einer vermeintlichen Glanzkamapgne einer modernen Luxus-Wache die andauernde, und berechtigte, schlechte Presse zu überschatten.

Polizeipräsident Gregor Lange freut sich hingegen über den Neubau, um damit dem “Anspruch der Bürger:innen und der Polizei” gerecht zu werden. Dass seine eigenen Beamt:innen ihm erst kürzlich in den Rücken gefallen sind, hat er scheinbar vergessen. So haben sich explizit Dortmunder Beamt:innen der Nordwache im Mai diesen Jahres bei der Springer Presse ausgeweint, dass sie nicht so viele rassistisch-motivierte Kontrollen durchführen dürfen, wie sie gerne wollen würden. Das Leben eines Cops muss schon hart sein. Demnächst können sie wenigstens in der 4000 qm großen Wache in Selbstmitleid versinken. Im Zuge des Neubaus wird mit Barrierefreiheit, Bürger:innenfreundlichkeit und der neusten IT-Technik geworben. Der Neubau entsteht zwischen Münsterstraße, Leopoldstraße und Freiherr-vom-Stein-Platz. Ein weiter Umzug wird es vom alten zum neuen Standort also nicht, der Betrieb müsse währenddessen laut eigenen Angaben nicht eingeschränkt werden. Neben der Wache ziehen zudem noch andere Mieter:innen und Geschäfte auf die Fläche des ehemaligen Studio X Kino Centers. Für die Polizei sind 2800qm geplant, in denen neben der Wache auch der Bezirksdienst, ein Regionalkommissariat und die noch in Huckarde beheimatete Führungsstelle der Polizeiinspektion 2 einziehen sollen. Dadurch wird insgesamt mehr Polizei im Dortmunder Norden sein, eine Entwicklung, die kritisch gesehen werden muss. Dass mehr Beamte nicht gleich zu mehr Sicherheit führen, wurde in der Vergangenheit leider zu oft bewiesen.

Bereits im Sommer 2022 haben plakative Warnhinweise mit dem Titel “Achtung Revier der Nordwache – Hier herrscht Polizeigewalt, Rassismus und Sexismus” auf die Missstände aufmerksam gemacht. So berichtete kurz zuvor der WDR über zwei Frauen, die unabhängig voneinander schwere Vorwürfe gegen Polizeibeamte der Wache Nord, auf Grund von Schlägen und sexistischen Beleidigungen erhoben haben. Auch ist es keine Seltenheit, dass gerade migrantische Menschen darüber berichten dass sie die Wache mit erheblichen Hämatomen verlassen oder sich Beleidigungen und Erniedrigungen aussetzen müssen. In den umliegenden Krankenhäusern hat sich schon lange das Bild der prügelnden Beamt:innen gefestigt. Manchmal fällt sogar der Nebensatz, dass Betroffene für einen Aufenthalt in der Nordwache noch verhältnismäßig gut aussehen. In welchem Extrem Polizeigewalt gipfeln kann, musste am 8. August 2022 der junge Mouhamed Lamine Dramé spüren, der durch Beamte der Nordwache erschossen wurde. Eigentlich wurden die Beamt:innen gerufen, um Mouhamed in einer psychischen Ausnahmesituation zu helfen, stattdessen erschossen sie ihn im Innenhof seiner Wohngruppe, in der er erst ein paar Tagen wohnte. Dass Polizeigewalt mit dem Tod endet, ist auch in Dortmund leider kein “Einzelfall”. 2012 wurde der in der Nordstadt wohnende Ousman Sey verhaftet, nachdem er über Brustschmerzen klagte, jedoch keine medizinische Hilfe erhielt und bei dem Versuch Gehör zu finden lieber von der Polizei mitgenommen wurde. Er starb in Polizeigewahrsam. Die verantwortlichen Beamt:innen waren sich keiner Schuld bewusst und versuchten, den Rassismus dahinter zu leugnen.

Wie man deutlich sieht: Die Nordwache hat seit Jahren ein strukturelles Problem mit Polizeigewalt und die Führungsebene schaut weg – oder lässt lieber viel Geld in einen unnötigen Neubau stecken, als würde das irgendetwas aufwiegen oder die Arbeit der Polizei im Viertel nachhaltig verbessern. Vielleicht müssen die Verantwortlichen sich das Ganze schön reden, um ihre Existenz nicht kritisch zu hinterfragen. Gerade Gregor Lange als ehemaliger Student der Rechtswissenschaften, sollte was seine Polizeibehörde angeht, viel eher vor Scham im Boden versinken oder seinen Job an den Nagel hängen. Neun Jahre, waren LANGE genug und ein weiteres Jubiläum braucht wirklich keiner. Stattdessen wird jedoch lieber ein unnötiger, durch Steuerzahler:innen bezahlter, Umzug um das angeschlagene Image zu retten durchgeführt, statt das Geld in sinnvolle Verbesserungen wie Workshops und nachhaltige Fortbildungen der Beamt:innen zu Stecken.