
Am gestrigen Samstag, den 26.04.2025, stellten sich mehrere hundert Menschen entschlossen dem rechten Aufmarsch in der Dortmunder Innenstadt entgegen. Aufgerufen zur Veranstaltung hatte zuvor ein diffuser Zusammenschluss aus nationalistischen Gruppierungen, Querdenker:innen und AfD-Anhänger:innen. Nur mit massiver Rückendeckung und Unterstützung durch die eingesetzte Polizei, war es den Neonazis möglich, sich verspätet einen Weg durch die eigentlich blockierte Route über den Dortmunder Wall zu bahnen. Anschließend versagten die eingesetzten Polizeikräfte bei der Begleitung der rechten Gruppierungen und mehrere gewaltbereite Kleingruppen von Neonazis konnten sich unbeobachtet in die Innenstadt absetzen, wo sie unter anderem die heile Welt der Besucher:innen auf dem Markt erschüttern konnten. Als wäre dies nicht genug gewesen, wurde ein paar Stunden später, mitten in der Nacht, die Polizei selbst zum unmittelbar handelnden politischen Akteur gegen links. Sie überzog in Form eines Polizeieinsatzes, der mit einer fadenscheinigen Begründung legitimiert wurde, das Ladenlokal Nordpol, sowie diverse Gäste, mit massiven Repressalien. Diese polizeiliche Maßnahme werten wir, als antifaschistische Gruppierung aus Dortmund, als direkten Angriff auf die lokale linke Szene unserer Stadt und wollen dies nicht unwidersprochen lassen.
Unter dem Motto „Gemeinsam für Deutschland“ sollte neben vielen anderen Veranstaltungen, in allen 16 Bundesländern, auch in Dortmund ein „Protestmarsch“ gegen 13 Uhr vom Dortmunder U-Turm hin zum Friedensplatz laufen. Zuvor mobilisierte der rechte Haufen für einen Auto-Corso, der mit knapp unter 30, meist in Schwarz-Rot-Gold geschmückten Fahrzeugen und viel Polizeibegleitung vom Remydamm hin zum Dortmunder U-Turm fahren konnte.
Währenddessen sammelten sich vor dem U-Turm zunehmend rechte Teilnehmer:innen, die bis zum Start der Demonstration, unbehelligt durch die Polizeikräfte, in Kleingruppen durch die Stadt und zwischen Veranstaltungsort und Hauptbahnhof hin und her laufen konnten. Schon zu diesem Zeitpunkt lag es also in antifaschistischer Hand, es den selbst ernannten „Patrioten“ etwas ungemütlich zu machen. Schnell merkte der linke Gegenprotest, dass die Neonazis, in direkten Konfrontationen von den eigentlich so klar formulierten Ansichten im Internet abwichen und sich zum Teil selbst, als Antifaschist:innen labelten, um dem Ärger zu entgehen.
Parallel dazu stellte sich unser antifaschistischer Gegenprotest breiter auf und zog in Form einer eigenen Demonstration entschlossen durch die Stadt, wo an diversen Stellen engagierte Personengruppen versuchten Richtung Aufmarschroute zu gelangen. Zwischenzeitlich blockierten infolgedessen ca. 20 Personen die Naziroute auf Höhe Thier-Galerie. Diese wurden jedoch schon nach einigen Minuten gewaltsam von Polizeikräften von der Straße vertrieben. Als direkte und überzogene Antwort darauf reagierte die Polizei an einer anderen Stelle, in der Nähe der Thier-Galerie, mit einem mehrstündigen Polizeikessel, in dem ca. 450 Antifaschist:innen ausharren mussten. Um die polizeiliche Maßnahme zu rechtfertigen, organisierten die Einsatzkräfte diesbezüglich nach über zwei Stunden längst überfällige Wasserflaschen und mobile Toiletten.
Mit reichlich Verspätung und kurz nach 14 Uhr ging es dann jedoch auch für die ca. 800 Personen große rechte Demonstration los Richtung Friedensplatz. Ganz am Ende des „Protestmarsches“ ließen sich dann doch sogar noch die bis dato sehr unbedeutenden altbekannten Kadernazis rund um die Partei „die Heimat“ Dortmund finden, die mit einem eigenen Transparent mitlaufen durften. Vermutlich versuchten diese sich in Form eines eigenen Blocks vom restlichen Teil der Veranstaltung abzugrenzen, was jedoch und aufgrund der geringen Personenanzahl, wenig Wirkungskraft entfalten konnte und eher an Kinder erinnerte, die nicht mit dem Rest der Gruppe spielen dürfen.
Auf dem Weg zum Friedensplatz und an der gesamten Route entlang formulierte sich laustarker und entschlossener antifaschistischer Gegenprotest. Zwischenzeitlich und parallel zum sich bewegenden Naziaufmarsch entstanden auf Höhe des Platzes der Alten Synagoge mehrere entschlossen Blockaden auf der Naziroute. Ein Großteil formierte sich zu Sitzblockaden, die zu diesem Zeitpunkt nicht von der Polizei geräumt werden konnten und den rechten Aufmarsch zwischenzeitlich zum Stoppen zwangen. Dies wäre eine perfekte Steilvorlage für die Polizei Dortmund gewesen, die rechte Veranstaltung zu beenden und zum Umkehren zu zwingen, so wie man es aus diversen anderen Städten kennt und erst vor kurzem in Berlin beobachten konnte.
In Dortmund ist dies jedoch keine Alternative für den hiesigen Polizeiapparat, der sich die Bekämpfung von rechts groß auf die Fahne schreibt. Viel lieber geht man gewaltvoll und mit massivem Polizeiaufgebot gegen links vor, umstellt Blockaden, prügelt Demonstrant:innen von der Straße und leitet Neonazis zwei Meter am Gegenprotest vorbei oder in den Gegenverkehr. Dabei warfen mehrere Teilnehmer:innen des rechten Aufmarsches Flaschen auf die Sitzblockaden. Endlich am Friedensplatz angekommen wurde dem rechten Aufmarsch, ganz im Stile des Tages, dann noch der rote Teppich ausgerollt und sie durften, mithilfe einer vor dem Rathaus aufgebauten Bühne, ihre Abschlusskundgebung halten. Als nicht nachlassende und engagierte Antifaschist:innen übernahm dann der Gegenprotest auch noch die Begleitung der sich absetzenden Neonazis durch die Stadt und sorgte dafür, dass einige von ihnen den Plan verwarfen und doch wieder zurück zur Abschlusskundgebung gingen.
Als wäre dieses Fiasko für die Dortmunder Polizei nicht genug gewesen, lies man sich gegen 23 Uhr jedoch nicht davon abbringen, mit der fadenscheinigen Begründung der „Gefahr im Verzug“ dann noch das Ladenlokal Nordpol mit massiven Repressalien zu überziehen. Die Polizei nutze eine von ihnen benannte Auseinandersetzung auf der Bornstraße, in der drei Nazis verwickelt gewesen sein sollen, für die zeitweilige Übernahme der Ladenräumlichkeiten. Über mehrere Stunden hinweg versperrten sie den Zugang zum Ladenlokal, hielten diverse Besucher:innen im Lokal fest, kontrollierten die Personalien und verschafften sich unerlaubt einen Überblick innerhalb des Ladens. Erst mit der Beendigung des Polizeieinsatzes löste sich die von der Polizei statisch gehaltene Situation vor Ort und die betroffenen Personen erlangten ihre Selbstbestimmtheit zurück.
Für uns ist dieser unverhältnismäßige und vollkommen überzogene Polizeieinsatz bezogen auf das Ladenlokal Nordpol, als ein Angriff auf unsere lokale linke Szene zu werten. Wir erkennen in dem Vorgehen der Polizei Dortmund klar den Versuch, politisches Engagement einzudämmen und Akteur:innen einzuschüchtern. Gemeinsam mit unseren Genoss:innen werden wir jedoch weiterhin solidarisch zusammenstehen und umso entschlossener gegen Neonazis, Rechte aller Art und im Zweifel auch gegen rückendeckende Polizist:innen vorgehen!
Liebe Stadt Dortmund, ihr habt nicht nur ein Problem mit Nazis, sondern auch mit eurer komplett freidrehenden Polizei, die im Zweifel ganze Ladenlokale zu Gefangenensammelstellen umfunktioniert, wenn sie nicht gerade wehrlose Menschen erschießt.
