Am 31. Mai 2023 wurde unsere Genossin Lina E. zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Neben ihr traf es zudem drei weitere Antifaschisten, die alle gemeinsam im Anklagepunkt der Bildung und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung nach dem Paragraphen 129 schuldig gesprochen wurden. Konkret vorgeworfen wird den Antifaschist:innen an sechs Angriffen auf rechtsextreme Personen in Leipzig, Wurzen und Eisenach beteiligt gewesen zu sein. Lina und der bis lang nicht aufzufindene Johann G. sollen dabei als Anführer:innen der Gruppe in Erscheinung getreten sein. Gerade Lina wird in diesem Zusammenhang noch nicht einmal die explizite Handlung einer Körperverletzung vorgeworfen, sondern lediglich die Vermutung, dass sie als Rädelsführerin und Organisatorin aktiv geworden sein soll.
Der in fast 100 Verhandlungstagen geführte, über eineinhalb Jahre andauernde Prozess entwickelte sich schnell zu dem größten Verfahren, welches gegen linke Personen in den letzten Jahren geführt wurde. In diesem Sinne führte somit auch die in Deutschland höchste Anklagebehörde, die Bundesanwaltschaft, die Anklage und begründete ihr großes Interesse mit einer gewissen Nähe zum Terrorismus der ausgeführten Taten. Um diese doch sehr weit an den Haaren herbeigezogenen Vergleiche stilistisch angemessen zu untermalen, entschied man sich zudem den gesamten Prozess im Hochsicherheitsgebäude des Oberlandesgerichtes Dresden zu verhandeln, welches stets bis zum Anschlag gefüllt mit Polizist:innen war, und Lina auf Grund von Sicherheitsbedenken mit einem Helikopter medienwirksam zum Untersuchungshaftantritt zu verlegen. Zudem durfte Lina in ihrer über zwei Jahre andauernden und nicht ausgesetzten U-Haft z.B. noch nicht einmal alleine zu ihrer Ärztin in das Behandlungszimmer und musste ihre Wege stets gefesselt absolvieren.
Von vornherein war allen Beteiligten klar, dass dies kein normaler Prozess sein wird, sondern von den Repressionsbehörden zutiefst politisch motiviert geführt wird. Im gesamten Zeitraum ging es daher lediglich um eine Reihe von dürftigen Indizien und in keinster Weise um klar vorlegbare Beweise. Keiner der in den Zeugenstand gerufenen Personen konnte Lina eindeutig identifizieren und man konstruierte sich zweifelhafte DNA-Spuren oder als Vermutung geäußerte Aussagen von z.B. dem zuvor aus der linken Szene verstoßenen und als Vergewaltiger geouteten Kronzeugen als Rechtfertigungsinstrumente. Immer wenn es um eine nicht zu identifizierende Frau ging, sollte es in diesem Sinne automatisch Lina sein.
Selbst die Bundesanwaltschaft konnte in keinem der Verhandlungstage Beweise vorlegen, die eine Bildung einer kriminellen Vereinigung belegen konnten und musste zugeben, dass es weder einen bekannten Namen der Gruppe gibt, keine Satzung vorhanden ist, keine Konversationen bekannt sind und es keine bekannte Kassenstruktur gibt- man könnte denken diese ominöse Vereinigung hätte es nie gegeben.
Immer wenn Neonazis in den Zeugenstand gerufen wurden, lag die Vermutung einer Lüge nicht fern, man glaube jedoch lieber selbst im Rahmen von §129 angeklagten Nazischweinen der Kampfsportgruppe “Knockout51”, als den Blick nüchtern auf Tatsachen zu richten.
Die breite Medienlandschaft und allen voran die Springer-Presse stürzte sich mit wilden Vergleichen zum NSU auf unsere Genoss:innen. Beweislastumkehr statt die eigentlich in den Grundprinzipien eines in Deutschland geführten rechtsstaatlichen Strafverfahrens fest verankerte Unschuldsvermutung war an der Tagesordnung. An jedem der Verhandlungstage kämpfte somit die Verteidigung gegen den vorher vom Staat gefassten Entschluss ein deutliches Exempel gegen linke Aktivist:innen und die gesamte Szene zu statuieren. Dem Verräter und Täter von sexualisierter Gewalt namens Johannes D. wurde eine mildere Strafe in einem gesonderten Prozess ermöglicht und uns als solidarischer Linken somit der Kampf erklärt.
Über den Prozess hinaus liegt von daher klar auf der Hand, dass es in den nächsten Monaten und Jahren weitere Versuche von Seiten der Repressionsbehörden geben wird um uns als linke Szene zu kriminalisieren, mit konstruierten Vorwürfen und Vermutungen hinter Gitter zu sperren um uns so letzendlich in unserem Aktivismus zu schwächen und einzuschüchtern.
Szenen und Entscheidungen wie am vergangenen Wochenende in Leizpig gehören mittlerweile leider zum traurigen Bild deutscher Polizeiarbeit, Politik gegen Links und Vorgehensweisen im Sinne eines autoritären Staates. Gerade deshalb ist es jedoch aktuell so wichig, gemeinsam und solidarisch Schulter an Schulter gegen Neonazis und diese ganze Ungerechtigkeit in diesen Staat vorzugehen.
Gedanklich und mit unseren Herzen sind wir bei unseren verurteilten oder abgetauchten Genoss:innen. Mit unseren Taten stehen wir jedoch weiterhin gegen diese staatliche Ordnung, eure Repression und den Kapitalismus der Herrschenden. Jedes Urteil, jeder Polizeikessel, jede Hausdurchsuchung schweißt uns enger zusammen und jede Person in Haft steigert unsere Wut.
Egal ob in Leipzig, Berlin, Hamburg, Dresden, Köln, dem Ruhrpott oder einer anderen Stadt – Nazi sein heißt Probleme kriegen!
Freiheit für Lina und alle anderen Antifaschist:innen!
Unsere Solidarität gegen eure Repression!