Seit dem 09.01.2023 ist bekannt, dass sich Die Rechte NRW aufgelöst hat und der ehemalige Kreisverband Dortmund in die NPD unter dem Namen Heimat Dortmund eingetreten ist. Was das für Dortmund bedeutet, wird aktuell in einem ersten Überblick von uns thematisiert und aus einem antifaschistischen Blickwinkel einsortiert.
Nachdem am vergangenen Dienstag unser Teil 1 dazu herauskam, präsentieren wir Euch nun Teil 2, der zudem den Abschluss des Überblickes darstellt.
Hintergrund: Gründung der NPD
Nachdem wichtige Ortgruppen und Mitglieder immer wieder die Partei verlassen haben und laut Die Rechte nach zahlreichen Gesprächen mit NPD-Funktionären und einer gleichzeitig steigenden Zusammenarbeit mit z.B. dem NPDler Thorsten Heise das Angebot zur Eingliederung angenommen wurde, stellen sich nun folgende Fragen für Dortmund: Wer ist die NPD eigentlich? Woher kommt sie? Und was bedeutet die neue Situation für Dortmund und den Aktivismus?
Am 28.11.1964 wurde die Nationaldemokratische Partei Deutschland (NPD) in Hannover gegründet. Über 400 von den 700 bis 800 Anwesenden traten bei der Gründungsveranstaltung der Partei bei. Der Gründung der NPD ging die Deutsche Reichspartei (DRP; 1950-1965) voran, welche von vielen ehemaligen Mitgliedern der NSDAP gegründet worden war. Mit der Gründung der NPD sollte eine Sammelbewegung der extremen Rechten und ein Imagewechsel initiiert werden. 50% des NPD-Vorstandes stammte aus der DRP. Seit 1976 erscheint die dazugehörige Parteizeitung “Deutsche Stimme” und seit 1969 gibt es die NPD Jugendorganisation Junge Nationalisten (JN; bis 01/2018 Junge Nationaldemokraten), welche als Bindeglied zu militanten Neonazi Kameradschaften gilt und sowohl eine Mitglieder-, als auch eine Schüler:innenzeitung veröffentlicht. Die Frauenorganisation, der Ring Nationaler Frauen (RNF), wurde im September 2006 von 31 Frauen aus dem Parteiumfeld in Sachsen-Anhalt gegründet. Die RNF soll laut eigener Aussage “den Frauen in der NPD als Sprachrohr dienen”, aber auch für “national denkende parteiungebundene Frauen ein Ansprechpartner” sein. Am 10.05.1997 ließ der damalige Parteivorsitzende Udo Voigt die Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegenüber NS-Gruppen aufheben, wonach bis 2000 die Mitgliederzahl der NPD vor allem in den neuen Bundesländern stark anstieg. Die Drei-Säulen-Strategie von 1997, die den “Kampf um die Straße, Kampf um die Köpfe und Kampf um die Parlamente” bedeutete, wurde später um den “Kampf um den organisierten Willen” ergänzt.
Hintergrund: NPD-Verbotsverfahren
Nach vermehrten rassistischen Anschlägen und Ausschreitungen mit zahlreichen Opfern seit den 90er Jahren (z. B. Hoyerswerda 09/91, Rostock-Lichtenhagen 08/92, Mölln 11/92 und Solingen 05/93) wurde die NPD für diese in der Verantwortung gesehen, sodass am 30.01.2001 das erste Verbotsverfahren gegen die Partei begann. Dieses scheiterte jedoch daran, dass es zu viele staatliche V-Leute in der Parteiführung gab und somit unklar blieb, inwiefern die NPD durch den Staat beeinflusst wurde. Zu einer inhaltlichen Prüfung kam es in diesem Verfahren gar nicht erst.
Nachdem sich die rechtsextreme Terrorzelle NSU selbst enttarnt hatte und mehr über deren Umfeld bekannt geworden war, gab es 2013 einen erneuten Versuch die Verfassungswidrigkeit der NPD feststellen und sie dadurch verbieten zu lassen. Während des Verfahrens gab es Skandale um aufgetauchte Ermittlungsakten, Inhaftierungen von NPD-Funktionären, die AfD gründete sich 2013 und die NPD schied 2014 aus dem sächsischen Landtag aus. Am 17.01.2017 wurde das Urteil verkündet: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wies den Antrag des Bundesrates auf Verbot der NPD trotz des Konzepts auf “Beseitigung bestehender freiheitlicher demokratischer Grundordnung” zurück. Es hieß, die Partei wolle die derzeitige Verfassungsordnung durch einen “ethnisch definierten an Volksgemeinschaft ausgerichteten autoritären Nationalstaat” ersetzen und weise eine “Wesensverwandtschaft mit Nationalsozialismus” auf. Das Urteil wurde jedoch mit der politischen Bedeutungslosigkeit der Partei begründet: Sie habe nicht das “Potenzial” ihre verfassungsfeindlichen Ziele umzusetzen und die Demokratie in Deutschland zu beseitigen, da die NPD es bis dahin weder geschafft hatte dauerhaft in einem Parlament vertreten zu sein noch einen “bestimmenden Einfluss auf die politische Willensbildung” in Kommunalparlamenten zu haben. In den sogenannten Dominanzansprüche und Angstzonen in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsens (abgesehen von Jameln) sah das BVerfG keinen relevanten Umfang.
Es wurde vermutet, dass die NPD-Funktionäre auf ein mögliches Verbot vorbereitet waren. So äußerte sich Axel Michaelis, stellvertretender Landesvorsitzender und Landesgeschäftsführer der NPD, zu einer möglichen Durchsuchung: “Was soll eine Durchsuchung z.B. bei mir bringen? Die alten Akten aus den Sechzigern und Siebzigern sind lange an einen sicheren Ort verbracht und ansonsten können sie die Kassenbücher der letzten zehn Jahre mitnehmen. Wo ist das Problem?” Weiter betonte der ehemalige Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel: “Sollte die NPD wider Erwarten doch verboten werden, geht es auch ohne Partei weiter. Nationalismus lässt sich nie verbieten!”
Auf die beiden gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD folgte 2018 ein Antrag des Bundestags beim Verfassungsgericht, der die NPD für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausschließen soll, wobei es jedoch bisher (Stand: 09/22) noch zu keinem Urteil gekommen ist.
Währenddessen finden seit 30 Jahren Sonnwendfeiern, Erntedankfeste, Lager völkischer Jugendorganisationen, Treffen völkischer Jugendorganisationen, Parteitage der niedersächsischen NPD, Wehrsportübungen, Rechtsrockkonzerte und weitere Veranstaltungen auf einem Hof im niedersächsischen Eschede statt. Dieser gehörte ehemals dem NPD-Mitglied Joachim Nahtz, der dort mit seiner Familie lebt, den Hof jedoch 2019 aufgrund seiner finanziellen Schieflage an die Partei verkaufte. Dieser zentrale Treffpunkt für die NPD und andere nationalsozialistische Gruppierungen gilt seither als “nationales Gemeinschaftsprojekt”.
Zukunft der Dortmunder Naziszene
Vom 08.01.2023 beginnend wird der Dortmunder Kreisverband von Die Rechte nun gemeinsam mit der NPD öffentlich als “Heimat Dortmund” auftreten. Vertreter der Mandate der Stadtbezirke Huckarde und Eving, Jim Koal und André Penczek, der Abgeordnete Matthias Deyda für den Dortmund Stadtrat, sowie der für die Heimat Dortmund neu gewählte Kreisvorsitzende Sascha Krolzig und als Stellvertreter fungierender Vorsitzender Alexander Deptolla übernehmen somit weiterhin ihre Mandate und geben sich einfach einen neuen Namen, der an ihrer Rolle als belächelte, verstoßene Möchtegernpolitiker allerdings nicht viel ändern wird.
Spannend an dieser Stelle bleibt es – auch wenn wir es in bedeutender Form nicht erwarten – ob sich der Aktivismus der NWDO-Hinterbliebenen nennenswert ändern wird. In ihrer Stellungnahme kündigten sie diesbezüglich groß an, viele Projekte und Aktionen in Planung zu haben, die unter dem neuen organisatorischen Dach weitergehen sollen. Sie freuen sich wohl auf den Kampf für die Zukunft ihres Volkes und wollen diesen mit frischer Kraft weiterführen. Ob ihnen dieses Ziel gelingen wird, lassen sie jedoch selbst offen und gewähren dadurch einen Blick in ihre anscheinend nicht wirklich überzeugten Heimat-Köpfe.
In diesem Sinne hat z.B. auch schon der Kreisverband Duisburg Abstand von der Entscheidung genommen und hat verkündet kein Teil der Heimat Partei zu werden. Wie das persönliche Verhältnis zu Christian Worch sich entwickeln wird, ist ebenfalls fraglich, da der damalige Retter in der Not nun zurückgelassen wird und ihm lediglich noch der auf die Thusneldastraße 3 angemeldete Bundesverband von Die Rechte und vielleicht ein paar Kreisverbände bleiben.
Ob sich damit nicht beide Parteien doch eher selbst Stöcke im Kampf für die Zukunft in den Weg geworfen haben, bleibt abzuwarten und wird natürlich von uns mit großer Spannung verfolgt. Bis jetzt ist auf jeden Fall noch nicht viel von der Heimat Partei Dortmund gekommen und Stress innerhalb der eigenen Szene gehört ja schon seit einigen Jahren zum Programm.
Für uns ist allerdings klar, dass uns ein stumpfes Schwert von rechts nicht reicht. Wir werden so lange aktiv gegen Nazis arbeiten, bis sie kein Schwert mehr in der Hand haben. Auch wenn wir den Wechsel zur NPD, wie oben erläutert, als weiteren Schritt Richtung Mainstream und Bedeutungslosigkeit der Dortmunder Nazis sehen, heißt es also am Ball bleiben! Setzt euch mit der Heimat Dortmund auseinander und spielt uns jede Art von neuen Informationen zu.
Antifa heißt Nazistrukturen zerschlagen – egal welchen Namen sie sich geben!