Redebeitrag 29.02.2020: Videoüberwachung von Nazis – Die Lösung?

Das vom Dortmunder Polizeipräsidenten Gregor Lange initiierte, hoch gelobte und medial stark beworbene Vorzeigeprojekt der Videoüberwachung von kriminogenen Räumen soll in nächster Zeit weiter ausgebaut werden.
Zusätzlich zur Brückstraße, wo Ende 2016 Kameras installiert wurden, sollen nun weitere für die Polizei schwer zu händelnde Orte per 360 Grad-Kamera beobachtet werden. Die Polizei schiebt dabei allgemein bekannte Problemlagen vor, um eine dauerhafte flächendeckende Videoüberwachung als normales Werkzeug in ihre tägliche Arbeit aufzunehmen, in der Hoffnung dadurch nicht auf zivilen Widerstand zu stoßen.


Bei den nun anstehenden Installationen hat sich die Dortmunder Polizei unter anderem auf die Emscherstraße konzentriert, wo an der Ecke zur Thusneldastraße ein wichtiger Teil der Dortmunder Naziszene wohnt.
Die kommende Videoüberwachung soll neben den bestehenden behördlichen Maßnahmen gegen die Nazis den Druck auf die rechte Szene erhöhen, die laut Polizeipräsident Gregor Lange mit ihrer verfestigten Wohnsituation einen Angstraum in den Straßen rund um den Wilhelmplatz schafft, wo es häufig zu Übergriffen kommt. Außerdem sollen die erst kürzlich von Nazigraffiti befreiten Fassaden besser im Blick behalten und mögliche Veränderungen durch die Nazis direkt verfolgt und zur Anzeige gebracht werden.
Dabei nimmt die Polizei in Kauf, dass diese Maßnahmen auf Kosten von Persönlichkeitsrechten aller Bürger*innen in Dorstfeld gehen. Diese konkrete Überwachung wird alle betreffen, die sich in den gerade genannten Straßen bewegen.
Generell gesehen ist die Überwachung öffentlicher Räume ein Trend, dem wir als Zivilgesellschaft uns entgegenstellen müssen! Auch wenn es diesmal vermeintlich gegen die Richtigen geht, ist die Ausweitung von Überwachung im städtischen Raum ein Werkzeug, das sich genauso schnell gegen alle von uns richten kann.
Nun aber zurück zu den Nazis, die die Polizei mit den Kameras in Dorstfeld beobachten will: Für uns ist ganz klar, dass die neuen Interventionsmöglichkeiten der Polizei Dortmund nicht viel mehr als ein weiteres Leuchtturmprojekt sind, das sich in eine Reihe der Misere von Soko Rechts und Nulltoleranzpolitik einreihen wird.
Nachdem man jahrelang ein konsequentes Vorgehen gegen die sich festigenden Nazistrukturen versäumt hat, will man nun vor allem medial und mit so wenig Aufwand wie möglich den Karren aus dem Dreck ziehen. Konsequent ist dies maximal in der Vermarktung. Neben der sehr lückenhaften Analyse bezüglich der vor allem in Dorstfeld ansässigen Naziszene vermissen wir auch hier den überzeugten Willen, aktiv und konsequent gegen die Nazis vorzugehen. Vielmehr ist die Videoüberwachung eine Aktion, um die aufgewühlten Gemüter der Anwohner*innen zu beruhigen und behaupten zu können, man würde etwas gegen das Naziproblem tun. Den Kern verfehlt die Polizei Dortmund aus unserer Sicht jedoch weiterhin.
Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Vielzahl von nationalistisch geprägten Übergriffen in Dortmund vermehrt außerhalb Dorstfelds passieren und oft im Rahmen der Anonymität ablaufen.
Frei nach dem Motto: „Man scheißt nicht da wo man isst!“ und wie schon vor ein paar Jahren von Michael Brück und Dennis Giemsch in einer nationalsozialistischen Zeitung erläutert, legt das stark am früheren Berliner Häußerkampf orientierte Wohnkonzept der Nazis besonders Wert auf ein möglichst entspanntes Wohnumfeld, wo sie trotz ihrer Bekanntheit als Neonazis von vielen Seiten eher Akzeptanz als Ablehnung erfahren.
Ein weiterer Aspekt ist natürlich, dass wir nur von einem Teil der Dortmunder rechten Szene reden und die anderen Wohnorte und Anlaufstellen unbeachtet bleiben.
Es bleibt die Frage, ob denn nun auch wirklich rigoros, wie von den kritischen Anwohner*innen gefordert, gegen die rechte Szene vorgegangen wird, oder man doch wie in den letzten Jahren immer ein paar Schritte zu wenig geht.
Zweifelsfrei klar ist, dass die an der Emscherstraße wohnenden Nazis sich nicht alleine durch eine Kamera in ihrer Straße einschüchtern lassen und sie weiterhin ihre menschenverachtende Gesinnung propagieren werden. Maximal müssen sie sich in Zukunft bei Straftaten geschickter anstellen. Die Gewalt und Aktivitäten von Nazis in Dortmund wird das sicherlich nicht eindämmen.
Für uns ist klar: Der Kampf gegen Rechts ist und bleibt Handarbeit! Nur mit einem auf allen Ebenen konsequenten Vorgehen gegen Nazis können wir wirklich nachhaltige Ziele erreichen. Antifaschistische Recherche, eine klare Kante und umsichtiges Agieren gegen jeden einzelnen Nazi lässt sich nun mal nicht durch Technik ersetzen.