Dortmund: Eine Nazistruktur im Wandel – Ein Porträt von Alexander Deptolla

Mit dem weithin bekannten Wegzug von Michael Brück aus Dortmund Ende 2020 nach Chemnitz wird viel über seinen Einfluss und die kommenden Auswirkungen oder Umstrukturierungen in der Dortmunder Naziszene diskutiert. Eine zentrale Frage ist dabei, wie sich die Partei Die Rechte nun in Dortmund aufstellt und ausrichtet.
Zudem gibt es diverse Hypothesen, wer Brücks Verantwortungsbereiche und Zuständigkeiten übernimmt. Viele vermuten eine Neubesetzung seiner Rolle, insbesondere für die Öffentlichkeitsarbeit der Dortmunder Naziszene, die lokal und immer wieder in der ganzen Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus für Aufmerksamkeit sorgte.
Wir wollen mit diesem Text einen Beitrag zu der Thematik rund um die Dortmunder Neonaziszene geben, uns jedoch nicht in Hypothesen oder der Personalie Michael Brück verlieren. Viel mehr wollen wir den Fokus auf verbleibende Kaderpersönlichkeiten legen und deren ganz eigene persönliche Ressourcen und somit die Gefährdungen für die Zivilgesellschaft und jede:n von ihnen deklarierte:n Gegner:in beleuchten. Im Zuge dessen ist eine Auseinandersetzung mit dem seit Jahren aktiven Dortmunder Nazikader Alexander Deptolla für uns unvermeidlich, der sich gemeinsam mit seinem Kameraden Matthias Deyda als neues Führungsduo in der hiesigen Szene zu etablieren scheint.

Deptolla ist mittlerweile 36 Jahre alt, wurde Ende der 90er Jahre radikalisiert und zählte von Anfang an zu dem im Jahr 2005 ins Leben gerufenen Nationalen Widerstand Dortmund (NWDO). Neben Personen wie Michael Brück, Dietrich Surmann, Matthias Deyda und den Drewer Brüdern Matthias und Christoph, zählte er in den vergangenen Jahren zu den Köpfen und Entscheider:innen der Dortmunder Szene. Nach dem Verbot des NWDO 2012 durch den nordrheinwestfälischen Innenminister Ralf Jäger ging es für Deptolla nahtlos in die eben erst gegründete Kleinstpartei Die Rechte über. Diese stellte vor allem durch nahezu identische Personalien und Strukturen eine funktionierende und rechtlich abgesicherte Alternative zur verbotenen Kameradschaft dar. In der jüngeren Vergangenheit bekleidete Alexander Deptolla in diesem Kontext zentrale Aufgaben und stellte sich bei der letzten Wahl für den Stadtrat Dortmund auf – jedoch erfolglos.
Neben seiner Funktion in der Partei Die Rechte kann man Deptollas Engagement und Stellung innerhalb der rechten Szene Dortmunds auch immer wieder direkt auf der Straße bei beispielsweise Demonstrationen und Kundgebungen beobachten. So tritt er nur selten als einfacher Besucher einer Veranstaltung auf. Oft ist seine dortige Präsenz mit Verantwortungen als Anmelder, Ordner, Lautsprecherwagenfahrer oder anderen zentralen Stellungen wie Ansprechperson an Infoständen oder in den Verhandlungen mit der Polizei gekoppelt.

Der vorbestrafte Deptolla zeichnet sich neben seinem für Dortmunder Neonazis recht typischen Engagement vor allem durch eigene Projekte und sein hohes Gewaltpotenzial aus. So war er zuletz z.B. beim Angriff auf die linke Duisburger Anreise zu Protesten gegen die Querdenken in Düsseldorf, Ende vergangenen Jahres, dabei.
Zudem ist er einer der zentralen Organisatoren des Kampfs der Nibelungen (KdN) und organisierte in der Vergangenheit von mehreren hundert Menschen besuchte rechte Kampfsportveranstaltungen. Hierbei stand er mitunter auch als Ringrichter oder Kämpfer auf der Matte und prägt nachhaltig das öffentliche Auftreten der mittlerweile eingetragenen Marke, die sich aktuell auf den Verkauf von Merchandise fokussiert.
Dies ist jedoch nicht Deptollas einziges Projekt; so zieht er aktuell nebenbei in der Schmettowstraße 1 in Dortmund-Dorstfeld, nicht weit von seinem Jahre lang eingetragenen Wohnort in den Nazihäusern in der Emscher-/ und Thusneldastraße, eine eigene Druckerei auf. Diese läuft unter der Eintragung Alexander Deptolla Druckerei „Tremonia Druck“ und tritt seit Anfang 2021 mit dem Slogan „Wir sind der neue Siebdruckpartner im Ruhrgebiet“ in Erscheinung.
Bei all seinen Projekten wird immer wieder seine ganz eigene Handschrift deutlich; wie Deptolla selbst in einem Artikel in den Ruhrnachrichten vom 29. September 2020 sagte, ist das Symbolisieren von Stärke ein wichtiges Thema für ihn. Zudem fällt schnell auf, dass Deptolla ein gewisses Faible für die Farbkombination Grün, Weiß und Schwarz hat, die man z.B. im offiziellen Logo des KdN oder seiner Druckerei wiederfindet. Zudem zeigt er eine gewisse Nähe zu völkischem Leben und damit einhergehenden Ansichten. Diese setzte er beispielsweise bei einer im Januar 2021 gestreamten Videokonferenz mit einer jungen, sportlichen und vegan lebenden Mutter von aktuell vier Kindern im Rahmen des KdN in Szene.

Abseits seiner über Dortmunder Grenzen hinausgehenden Projekte bringt Alexander Deptolla noch ein für Dortmund wichtiges Tribut mit: Er ist von Kind auf Borussia Dortmund Fan und besuchte in der Vergangenheit öfter das Stadion. Zusammen mit rechten Hooligans oder Nazikadern fiel er immer wieder negativ auf und berichtete sogar den Medien gegenüber recht offen von Gewalttaten gegenüber anderen Fans, beispielsweise von Schalke 04. Dieser sehr lokalpatriotische Zug brachte Deptolla in seiner rechten Laufbahn immer wieder große Akzeptanz über die reine Naziszene hinaus ein und eröffnete ihm Querverbindungen, die er gut zu nutzen wusste. In diesem Zuge ist ebenfalls zu erwähnen, dass Alexander Deptolla dem deutschen Ableger der rechtsradikalen Vereinigung Hammerskins zugerechnet wird und diesbezüglich Kontakte in ein weiteres eigenständiges Netzwerk pflegt.

An diesem Punkt lässt sich aus seinem Einsatz für den rechten Kampfsport und seinen immer wieder tragenden Rollen auf der Straße leicht ableiten, dass Alexander Deptolla kein reiner Denker ist und ihm eintönige Parteipolitik nicht ausreicht. Mit seinem Handeln legt er immer wieder den Fokus auf direkte Konfrontationen mit von ihm definierten politischen Genger:innen und hält die Fahne des Aktionismus hoch. Gerne ist er selbst Teil von internationalen Aktionen und trat vermehrt auf Demonstrationen in z.B. Griechenland und Bulgarien auf. Auf der anderen Seite ist er so geschult, dass er als Organisator, Dreh- und Angelpunkt und Initiator von Ideen fungieren kann.
Durch genau diese sehr vielfältige Persönlichkeit und sein Pool von Ressourcen stellt Deptolla weiterhin auch ohne Michael Brück eine enorme Gefahr dar. Deptolla ist ohne Zweifel in der Lage, gewisse Aufgabenbereiche von Brück zu übernehmen. Zudem dürfte er mit seinen verschiedenen Projekten und vor allem mit dem Kampf der Nibelungen einer der umsatzstärksten Dortmunder Neonazis sein und schon alleine diesbezüglich einen hohen Stellenwert innerhalb der internen Struktur genießen. Der Gedanke einer Veränderung des Dortmunder Nazischwerpunkts ist für uns jedoch viel bedeutender, da sich die Szene womöglich öffentlich verändert. Sicher ist jedoch, dass sie sich nicht weniger gefährlich oder stark präsentieren wird.

Was die nächste Zeit bringt, wird man sehen, kritisch begleiten und dem vor allem entschlossen Paroli bieten müssen. Aktuell sieht nichts danach aus, als könnten Menschen wie Alexander Deptolla, ähnlich wie Brück, Dortmund seinem Schicksal zeitnah überlassen. Alexander Deptolla wurde von der Dortmunder Szene radikalisiert, in diesem Umfeld sozialisiert und entwickelte seine Persönlichkeit zwischen Fußball, Neonazismus und Lokalpatriotismus. Daher wäre es ein Fehler, seine Rolle mit der des zugezogenen Michael Brück zu vergleichen.

Bildquelle 1. Foto: Screenshot Youtube-Video (Channel vom Kampf der Nibelungen)

Bildquelle 2. Foto: Screenshot Youtube-Video (Channel vom Kampf der Nibelungen)