Der Glühwanderweg in der Nordstadt, die Kneipe „Vater und Sohn“ und die letztendlich richtige Entscheidung einer klaren Kante gegen rechts!

In Zeiten von Covid-19, einem zweiten verlängerten Lockdown und in ihrer Existenz bedrohten Gastronomien in ganz Deutschland werden auch im Dortmunder Norden die Lokalitäten kreativer und erfinderisch. Somit wurde kurzfristig am 27.11.2020 bekannt, dass es am darauffolgenden Tag (Samstag, der 28. November) von 14 bis 20 Uhr einen Glühwanderweg quer durch die Dortmunder Nordstadt geben soll. Dieser wurde von den Teilnehmenden, welche einen außer Haus Verkauf von Speisen und Getränken planten auf Facebook und Instagram als Spaziergang durch die Nordstadt beworben. Dabei stand vor allem der Verkauf von Glühwein im Fokus.
Einen Haken hatte die Sache allerdings: Neben eher unterstützenswerten Lokalitäten der Nordstadt warf sich auch die Kneipe „Vater und Sohn“ ins Feld und war fester Bestandteil der Werbung, wurde dann jedoch nachträglich aus den Planungen der Aktion wieder herausgenommen.

Denn spätestens seit März 2020 sollte man wissen, dass diese auf der Schützenstraße ansässige Kneipe in Dortmund eher kontrovers diskutiert wird und einen zumindest rechtsoffenen Ruf genießt. Anfang dieses Jahres fiel die Kneipe Dortmund weit auf, da Instagram-Storys aufgetaucht sind, in denen der rechten Szene angehörige Stammgäste der Kneipe im Vater und Sohn antisemitische Schmähgesänge grölten. Damals distanzierte sich der Wirt der Gaststätte vehement von den Vorwürfen und behauptete sich „von jedem Rechts-, Religiösen und Linksextremismus“ zu distanzieren. Schon zu diesem Zeitpunkt dokumentierten verschiedene antifaschistische Gruppen und Einzelpersonen in einer anschließenden Pressemitteilung „„Keinesfalls ein Zufall: Rechte Hetzgesänge in der Kneipe „Vater & Sohn““ (komplette Stellungnahme: https://www.facebook.com/meanstreetsDO/posts/1104734259919105) ihre Sichtweise und die damit verbundene Rolle der Kneipe. So stellte schon damals Tobias Schmidt von der Autonomen Antifa 170 in der oben genannten Pressemitteilung fest: „Klar ist aber, dass der antisemitische Gesang nicht nur im Lokal geduldet, sondern auch aktiv durch den Betreiber verbreitet wurde“.

Auch die Behauptung, es handle sich um „fremde Gäste“, ist bei näherer Betrachtung unhaltbar. Im Video, so erläutert Schmidt, sei ein Stammgast des Lokals zu sehen, der den Nazigegner:innen zudem durchaus bekannt sei: „An seinen Tätowierungen erkennt man im Vordergrund des beim WDR gezeigten Videos Dennis S., Spitzname „Kulle“, der sich seit Jahren in der rechten Szene bewegt“, so Schmidt. Weitere Fotos belegen, dass S. seit Jahren Kontakte zu Vertretern der rechten Szene pflegt und ihr selbst nahesteht. Auf seinem Unterarm trägt er ein Tattoo des Wehrmachts-Spruchs „Klagt nicht, kämpft“. „Dass S. regelmäßig im „Vater & Sohn“ verkehrt und mit dem Wirt zumindest bekannt ist, belegen weitere von der Kneipe selbst veröffentlichte Videos, auf denen er zum Beispiel im Rahmen einer anderen Veranstaltung im Lokal Würstchen grillt“. S. ist jedoch nicht der einzige einschlägig bekannte Stammgast. „Bei einer Durchsicht des vom „Vater & Sohn“ auf Instagram und anderen Plattformen veröffentlichten Materials fällt auf, dass auch ein weiterer Neonazi, Dennis P., regelmäßig dort verkehrt. P. ist Jahrelanger Teil der aktiven Dortmunder Naziszene um den Dortmunder Ableger der Partei Die Rechte, welche als Nachfolgeorganisation des verbotenen Nationalen Widerstands Dortmund überregional für antisemitische und rassistische Hetze steht.
Doch was ist in ca. 8 Monaten aus den Vorwürfen, Belegen und Gästen geworden?
Wir als Mean Streets Antifa Dortmund haben den nachträglichen Ausschluss der Kneipe „Vater und Sohn“ dafür genutzt, um noch mal ein Update zu dieser Thematik zu liefern und euch auf den aktuellen Stand zu bringen. Zwar ist mittlerweile das ein oder andere Bild auf den Social Media Kanälen verschwunden und ein weiterer Skandal wie die damaligen antisemitischen Gesänge in der Kneipe sind nicht bekannt geworden, doch trotzdem müssen wir leider weiterhin beobachten, dass „Kulle“ weiterhin regelmäßig in der Kneipe verkehrt und dort anscheinend selbst nach dem Vorfall noch akzeptiert ist, so viel zum angeblichen Hausverbot für den antisemitischen Vorfall. Von einer ernstzunehmenden Distanzierung des Wirtes kann man bei einem Blick auf gesammelte Instagram- Storys nicht sprechen. Schon ein Auszug unserer Belege zeigt, dass „Kulle“ alleine im Zeitraum Juli bis September 2020 regelmäßig im „Vater und Sohn“ verkehrte. (16.07.2020, 18.07.2020, 15.08.2020 und 19.09.2020) und so wundert es auch nicht, dass er am Tag des Glühwanderweges, dem 28.11. Shisha rauchend im „Vater & Sohn“ saß.
Von daher rücken wir von unserer im März 2020 vertretenen Meinung auch heute nicht ab und begrüßen die Entscheidung sich von der Kneipe „Vater und Sohn“ zu distanzieren, mit Nachdruck. In der Dortmunder Nordstadt gibt es genug unterstützenswerte Lokalitäten, von denen manche sogar wichtige und solidarische politisch Arbeit betreiben. Eine Zusammenarbeit oder ein Besuch in der Gaststätte „Vater und Sohn“ muss weiterhin und noch viel mehr ein NO-GO für jeden Verein, Betrieb, Institution oder Einzelperson sein. Denn nur wer sich glaubhaft und z.B. mit Hilfe von Hausverboten von rechten Gästen distanziert hat eine Existenzberechtigung im Dortmunder Norden!
Bildquelle 1. Foto: Instagram Account „mr.goodlife.kulle“
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