Dortmund: Eine Nazistruktur im Wandel – Ein Porträt von Matthias Deyda

Wie schon in unserem ersten Porträt zu Alexander Deptolla wollen wir in nächster Zeit vermehrt den Fokus auf verbleibende Dortmunder Neonazikader in der Partei Die Rechte legen. Heute stellen wir euch Matthias Deyda vor, der neben Deptolla einer der aktuell relevanten Führungskader der hiesigen Naziszene ist.
Seit dem oft thematisierten Wegzug von Michael Brück aus Dortmund Ende 2020 nach Chemnitz, werden die Auswirkungen und Umstrukturierungen innerhalb der Dortmunder Naziszene immer sichtbarer. Sehr häufig ist dabei eine der Hauptfragen, inwiefern sich die Partei Die Rechte zukünftig öffentlich präsentiert und wer Verantwortungsbereiche und Zuständigkeiten von Michael Brück übernimmt. Wie schon in unserem ersten Artikel dazu geht es bei dieser Thematik für uns nicht alleine um die Klärung der Frage, wer in seine Fußstapfen tritt oder offene Aufgabenbereiche übernimmt, sondern vielmehr um die Eröffnung einer Debatte über die Frage, welche Ressourcen und Besonderheiten verbleibende Neonazikader aus Dortmund mitbringen und wie sich die interne Machtstruktur der Partei verändert.


Dafür werfen wir heute ein Schlaglicht auf Matthias Deyda. Deyda ist 29 Jahre alt und wird in den Neonazikreisen auch Narbe genannt. Er kann eine abgeschlossene Berufsausbildung als Maler und Lackierer vorweisen und wohnt in den Nazi-WGs in der Dorstfelder Thusneldastraße 2. Schon in seiner Jugend wurde er durch seine zu der Zeit schon aktiven Kameraden Dennis Giemsch, Michael Brück, Alexander Deptolla, Christoph Drewer und Dietrich Surmann radikalisiert. Seit ca. 11 Jahren entwickelte sich Deyda unter ihrer Anleitung zu einem der Hauptakteure des 2012 durch den nordrheinwestfälischen Innenminister Ralf Jäger verbotenen Nationalen Widerstands Dortmund (NWDO).
Der aus Hamm Bockum-Hövel stammende Neonazi etablierte sich schnell in diesem Umfeld, übernahm immer wieder organisatorische Aufgaben und ging wie alle anderen gerade genannten Neonazis nach dem Verbot der Kameradschaft nahtlos in die neugegründete Kleinstpartei Die Rechte über, die seither als rechtlich abgesicherte Folgestruktur der Dortmunder Neonazis dient.
In den letzten Jahren zeichnet sich Deyda diesbezüglich vor allem durch die Besetzung von Schlüsselpositionen aus und rückte als Folge des Wegzuges von Michael Brück sogar in den Stadtrat nach. Zuvor trat er bei der Landtagswahl 2017 und der Kommunalwahl 2020 für den Stadtteil Aplerbeck an und konnte bei letzterer 2,54 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen für sich gewinnen. Wie Brück betätigte er sich häufig als Redner bei Veranstaltungen und Versammlungen. Aktuell und nach den Wahlen am 24. April 2021 im Rahmen des Landesparteitags des Landesverbandes Die Rechte Nordrhein-Westfalen, wurde Deyda zudem als Beisitzer in den Landesvorstand gewählt.

Auch international ist er als Vertreter und Sprecher der Dortmunder Neonazis oder der Partei Die Rechte unterwegs. Dabei teilt er mit einigen anderen in Dortmund aktiven Neonazis die Vorliebe für das Netzwerken und reiste in der Vergangenheit immer wieder durch Europa, um sich als Teil einer deutschen Delegation zu präsentieren. So sprach Deyda beispielsweise beim neonazistischen Lukow-Marsch 2014 in Bulgarien und beteiligte sich im Anschluss an Angriffen auf Sinti*zze und Rom*nja und auf eine in der Stadt Plovdiv stehenden Moschee.
Auch innerhalb Deutschlands reist Deyda häufig in andere Städte und sorgt für den nötigen Support bei sich etablierenden Nazistrukturen wie z.B. in Chemnitz beim damals noch aktiven Rechten Plenum, das ähnlich wie in Dortmund eine Art Nazi-Kiez in ihrer Stadt durchsetzen wollte. Darüber hinaus ist Matthias Deyda, ähnlich wie Deptolla, durchaus aktionistisch orientiert und fiel in der Vergangenheit neben seinem parteilichen Engagement immer wieder durch Gewalttaten und Übergriffe auf.

Zuletzt trat Deyda am vergangenen Wochenende in Erscheinung und präsentierte sich als koordinierender Neonazis aus den Reihen der Partei die Rechte in Zusammenarbeit mit der NPD Nordrhein-Westfalen. Zuerst hielten die Dortmunder Neonazis eine Kundgebung am Wilhemplatz in Dorstfeld, nicht weit von Deydas Wohnsitz, ab. Im Anschluss fuhren sie dann geschlossen zur kurzfristig erlaubten rechten 1. Mai Demonstration in Essen und später noch weiter nach Düsseldorf. Innerhalb dieser Veranstaltungen war Deyda, wie erwartet, ein wichtiger Bestandteil und dirigierte größtenteils das Geschehen auf der Straße. Er wies die Demonstrationsblöcke bei Zwischenkundgebungen in ihre Stellplätze ein und war fester Bestandteil der Lautsprecherwagenbesatzung. Zudem war er wieder klar als Ordner gekennzeichnet.
Zuvor stellte sich Matthias Deyda am 31. März 2021 bei einer kleinen kurzfristig organisierten Kundgebung vor der Dortmund JVA zur Schau. In diesem Rahmen war er klar als zentraler Organisator zu erkennen und fuhr, wie fast immer, mit dem Lautsprecherwagen von der Partei die Rechte Dortmund zum Veranstaltungsort. Nach Ankunft übernahm er zum Großteil die Kommunikation mit den zuständigen Beamt*innen der Polizei Dortmund und formte den Protest nach seinen Vorstellungen.
Grund für die kurzfristig angemeldete Kundgebung, war übrigens die Inhaftierung von Daniel E., der zuvor auf Grund eines Übergriffes in Lütgendortmund auf einen Taxifahrer Untersuchungshaft genommen wurde.

Ein in Dortmund aktuelles Alleinstellungsmerkmal genießt Deyda in Bezug auf den Umgang mit Immobilien. So ist er seit 2017 Inhaber des in Dorstfeld liegenden Hauses in der Siepenmühle 15. Klar ist dabei, dass er diesen Kauf nicht allein finanzieren konnte und ihn die rechten Dortmunder Strukturen finanziell unterstützt haben müssen. Dort gründeten sich weitere Kader-Wohngemeinschaften und die Immobilie fungiert neben den schon lang bekannten Häusern in der Emscher- und Thusneldastraße als Rückzugsort für Neonazis. Zwar zeichnet sich die Konstellation der Bewohner*innen nicht gerade durch Beständigkeit aus, sie ist jedoch in ihrer Bedeutung für die Naziszene in Dortmund nicht zu unterschätzen.
Beim Kauf von Immobilien tat sich Deyda in der Vergangenheit zusätzlich durch die Gründung einer Unternehmensgruppe hervor. Ende 2018 gründeten Dietrich Surmann, Alexander Deptolla, Michael Brück und Matthias Deyda die UG D.A.M.M. Immobilien, deren Geschäftsführer Deyda war. Im Februar 2021 lösten sie diese jedoch wieder auf, ohne dass weitere Nazihäuser in Dorstfeld entstanden wären.

Insgesamt ist Matthias Deyda, wenn auch etwas unscheinbar, einer der aktuell führenden Nazikader in Dortmund. Er scheint jedoch auch mit Deptollas Hilfe nicht wettmachen zu können, dass weite Teile der Struktur der rechten Szene weggebrochen sind, denn trotz der langjährigen Erfahrung des neuen Führungsduos ist von Die Rechte in Dortmund seit Monaten nicht mehr das gewohnte eng getaktet Level an Aktionismus zu beobachten.
Deyda wird ohne Zweifel Lücken füllen können die Veranstaltungsorganisation, Redebeiträge und Mobilisierung betreffen. Ob er jedoch in der Lage ist, wie bei Alexander Deptolla beschrieben, seine eigene Handschrift zu etablieren und damit ein anderes, jedoch besonderes Potenzial entsteht, bleibt abzuwarten. Vom aktuell beobachteten Habitus eines Matthias Deyda, ist jedoch nicht zu erwarten, dass er eine der bundesweit bekanntesten Neonaziszenen ohne weitere Einbuße und Verluste führen kann.

Bildquelle 1. Foto: abgeordnetenwatch

Bildquelle 2. Foto: Telegram-Gruppe (Channel von Die Rechte Dortmund)